Mit einem Fleischkonsum von 58,6 kg pro Person und Jahr gehört Österreich in Europa und weltweit zu den Ländern mit dem höchsten pro Kopf Verbrauch von Fleisch. Die Herstellung von Fleisch verbraucht enorme Ressourcen. Daher bedeutet jeder Fleischverlust einen hohen wirtschaftlichen Verlust mit negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Fleischverderb wird meist durch mikrobielle Kontamination verursacht. Diesem Risiko ist Fleisch auf allen Schritten der Lebensmittelkette ausgesetzt: von der Schlachtung, über die Zerlegung, die Verarbeitung, die Verpackung, die Lagerung, den Transport und Verkauf, bis hin zur Aufbewahrung durch den Verbraucher. Der Verderbsprozess durch mesophile aerobe Keime kann durch Maßnahmen wie Vakuumverpackung und Kühllagerung verlangsamt werden. Unter diesen Bedingungen können jedoch bislang wenig bekannte, kältetolerante obligate Anaerobier, wie z. B. bestimmte Clostridium spp. gedeihen. Ihre speziellen Wachstumsbedingungen verleihen ihnen unter diesen besonderen Umständen einen Nischenvorteil. Dadurch kommt ihnen eine bedeutende Rolle als Verderbserreger zu.
Kältetolerante Clostridium spp. (z. B. C. estertheticum und C. gasigenes) befinden sich in Permafrostböden und verbreiten sich in allen Böden des gemäßigten und subtropischen Klimas. Als Kontaminationsquellen für Fleisch gelten Kot und Felle von geschlachteten Tieren. Der Verderb von vakuumverpacktem Fleisch durch kältetolerante Clostridien ist teilweise an der Aufblähung der Verpackung erkennbar, die sogenannte „Blown Pack Spoilage“ (BPS), verursacht durch CO2– und H2-Bildung. Ein gehäuftes Auftreten von BPS wurde insbesondere in Ländern mit einer hohen Produktionsrate und Verbrauch von Fleisch dokumentiert, z. B. Brasilien, Irland, Neuseeland, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten. In Deutschland sind laut eigener Studien 34 – 53 % des vakuumverpackten Fleischs mit kältetoleranten Clostridien belastet. In Österreich gibt es bisher keine Daten zum Vorkommen von kältetoleranten Clostridien in Tierbeständen, Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben sowie in vakuumverpacktem Fleisch und Fleischprodukten im Lebensmitteleinzelhandel. Im Gegensatz zu ihrer Rolle als Verderbserreger von vakuumverpacktem Frischfleisch, wurden die Pathogenität kältetoleranter Clostridien und ihr Potential als Verderbserreger von erhitztem Fleisch bis dato noch nicht untersucht.
Die Ziele des beantragten Projekts sind daher: 1. Die Feststellung der Prävalenz kältetoleranter Clostridien in Rinderbeständen in Österreich, 2. Die Untersuchung des Pathogenitätspotentials kältetoleranter Clostridien im intestinalen Zell- bzw. Organoidkulturmodell, 3. Die Charakterisierung des Verderbs von Sous-vide-Fleisch durch kältetolerante Clostridien und 4. Die Entwicklung schneller und effektiver Nachweismethoden für kältetolerante Clostridien in Lebensmitteln, mit dem Ziel, den Verderb von Fleisch und Fleischprodukten durch diese Bakterien zu vermeiden.
Bild: Aufblähung der Verpackung von vakuumiertem Rindfleisch – sogenanntes Blown Pack Spoilage (BPS) – verursacht durch Clostridium estertheticum